042 | Heiliger Georg
Dramatisch inszeniert zeigt die Darstellung den frühchristlichen Heiligen bildfüllend im Höhepunkt des Drachenkampfes. Mit wehendem Mantel und auf einem steigenden Schimmel sitzend holt dieser mit dem Schwert zum vernichtenden Schlag gegen das Ungeheuer aus. Im Hintergrund der linken Bildhälfte ist die Ursache des Kampfs zu sehen: Dort steht die vor einer grausamen Opferung bewahrte jungfräuliche Königstochter – begleitet von einem Lamm, das hier neben der christlichen Symbolik auch auf deren Unschuld verweist (von Baumstark ohne jegliche Erklärung zum Zusammenhang als heilige Agnes mit attributivem Lamm beschrieben, Baumstark 2005, S. 228). Die zugrunde liegende Geschichte stammt aus der „Legenda Aurea“ des Jacobus de Voragine, laut welcher der heilige Georg – der zur Zeit des römischen Kaisers Diokletian lebte – die lybische Königstochter vor einem Drachen rettete (Ebd.).
Es handelt sich hierbei um eine kleinformatige Werkstattkopie, die sich heute in der Staatsgalerie Neuburg an der Donau (Inv.-Nr. 60) befindet. Das große Original (Inv.-Nr. P001644, 309 x 257 cm) aus den Jahren 1606 bis 1608 hierzu stammt von niemand geringerem als Peter Paul Rubens (1577-1640) und wird im Museo del Prado in Madrid aufbewahrt. Im Vergleich der beiden Werke wird besonders ein Unterschied deutlich: Bei der originalen Version ist ein hinterer Teil der Lanze, die das Maul des Ungeheuers durchstößt, abgebrochen und in einen senkrechten Winkel zur Spitze gefallen, wodurch das Symbol eines Kreuzes entsteht. In der Kopie dagegen wurde auf den abgesplitterten Querbalken und das daraus entstehende Kreuz verzichtet. Die weiteren Unterschiede liegen lediglich im Detail und resultieren vorrangig aus der Tatsache, dass durch das kleine Format nicht alle Elemente detailgenau ausgeführt werden konnten. Die typischen Stilmerkmale des flämischen Meisters – wie die dynamische Bildkomposition und die dramatischen Farbakzente – sind aber in der Werkstattkopie erkennbar.
In einigen Publikationen wird die Darstellung als vorbereitende Skizze gedeutet (vgl. u.a. Marggraf 1869, S. 193, Nr. 313; Müller Hofstede 1965, S. 74). Laut Baumstark spricht gegen diese Theorie neben der mangelnden Qualität auch die entdeckten Pentimenti im Prado-Gemälde: Ursprünglich war dort der wehende Mantel des Heiligen wesentlich tiefer ausgeführt. Da die Erlanger Ausführung jedoch den endgültigen Stand des Prado-Gemäldes zeigt, ist von der Vermutung, es handle sich um eine Vorstudie, abzusehen (Baumstark 2005, S. 228).
Katharina Hefele
Die Werkstattkopie „Heiliger Georg“ stand in der Erlanger Galerie stellvertretend für eine Arbeit des bedeutenden Flamen Peter Paul Rubens (1577-1640). Die Darstellung zeigt den frühchristlichen Heiligen, der zum endgültigen Schlag gegen den Drachen ausholt, während die gerettete Prinzessin den Kampf aus einiger Entfernung im Hintergrund betrachtet. Auch wenn es sich hierbei um eine kleinformatige Kopie nach dem monumentalen Original im Prado, Madrid (Inv.-Nr. P001644) handelt, werden einige Charakteristika des großen Niederländers – wie die dramatischen Farbakzente oder die dynamische Bildkomposition – deutlich. Heute ist das Gemälde in der Staatsgemäldesammlung in Neuburg an der Donau ausgestellt.
Katharina Hefele
Reber 1906: „Der hl. Georg. Der Heilige zu Pferd erlegt den Drachen. Im Hintergrunde links die befreite Margaretha. Ausgeführte Skizze.“ (S. 9)
Bulle 1906: „In seiner vollen Größe als Figurenmaler sehen wir Rubens in dem heiligen Georg Nr. 42 (II. Saal, mittlere Abteilung, Nordwestwand). Die Hand des Meisters haben wir hier allerdings kaum. Denn das Original des Bildes hängt in der Galerie zu Madrid, und für eine erste Skizze von eigener Hand ist unser Bild nach dem Urteile der Kenner zu ausgeführt, – also eine skizzierte Kopie von der Hand eines Schülers. […] Das ist der echte pathetische Barock, nicht mit den glatten Linien und süßen Farben der Italiener, sondern ins Teutonische umgewandelt. Wuchtig und derb holt dieser Ritter zum Schlage aus, mit Berserkerwut und überzeugendem Ingrimm, dass ihm das Blut in das rote Gesicht steigt. Seinem Charakter entsprechen die Farben: braunrotes, wettergebräuntes Fleisch, ein dunkelstahlblauer Panzer, ein riesiger weißer Federbusch und dahinter, grell leuchtend, ein ziegelroter Mantel im Winde. Alle Farben erster Ordnung konzentrieren sich um den Hauptakteur. Den zweiten Farbengrad bildet der Schimmel, ins Graue gehend, der sich in prächtiger Parade bäumt, mit wundervoller Kopfwendung und herrlicher Mähne. Unten das besiegte Scheusal als dunkle Masse, nur der gähnende Rachen fleischrot leuchtend. Endlich im Hintergrund, ganz auf Sanftheit gestimmt, die erlöste Königstochter; natürlich ist sie hellblond, mit üppigen rosigen Schultern, in einen mattvioletten Mantel gehüllt. Ein Lämmlein richtet sich an ihr empor, das ebenfalls zum Opfer für den Drachen bestimmt war. Seine Anwesenheit, die gerade fachlich nicht notwendig wäre, ist es künstlerisch um so mehr, denn der Maler brauchte unten an der großen violetten Fläche noch etwas Weiß, als Gegengewicht gegen das weiße Tuch an Kopf und Schultern. Man versuche, statt des weißen Flecks Violett hinzudenken – sofort gerät das Bild aus dem Gleichgewicht. Und das führt uns auf die Erkenntnis der Größe dieses Bildes: nicht den kleinsten Farbfleck an ihm darf man von seiner Stelle rücken, ohne dass nicht der ganze Aufbau zusammenfällt, – dem Hendrik van Balen können wir ohne Furcht, dass es jemand merkt, ein paar Rehe und Vögel stehlen; hier aber bedingt mit zwingender Notwendigkeit eine Farbe die andere, hängt eine Linie von der anderen ab. Es ist eine Einheit, eine Welt für sich; allerdings keine wirkliche Welt, denn niemals hat ein Ritter sich so wundervoll gebärdet, wenn er einen Wurm schlug, aber eine von höherer Wahrheit, denn Ross und Reiter, sie müssen so sein vom Scheitel bis zur Sohle wie sie sind.“ (S.16-18)
Reber 1913: „Auch der Drachentöter St. Georg zu Pferde ist eine nachträglich ausgeführte Skizze von Rubens (aus der kurbayerischen Galerie).“ (S. 194)
Haack 1921/22: „Sodann durch einen heiligen Georg, der, ein panzerbewehrter Ritter, von seinem sich aufbäumenden mähnenumwallten Schimmel herab mit hoch erhobenem Schwerte dem Drachen den Kopf zu spalten im Begriff steht. Es ist eine wesentlich kleinere Kopie nach dem großformatigen Original in Madrid. Rubens muß die Erfindung selber sehr geschätzt haben, denn er hat das Originalbild, eine Jugendschöpfung, bei sich behalten, und erst aus seinem Nachlaß hat es der König von Spanien gekauft.“ (S. 7)